Studium steuerlich absetzen – Wie es wirklich funktioniert.

Im Internet sind sehr häufig Anzeigen wie „Sofort alle Studienkosten von der Steuer zurückholen!“ oder „Schnell alle Kosten des Studiums absetzen!“ zu lesen.

Als Steuerberater werden wir oft von Studenten oder Berufseinsteigern mit diesen Aussagen konfrontiert und müssen daraufhin die Erwartungen dieser jungen Menschen schmälern. Um der Verbreitung dieser oftmals irreführenden Werbeanzeigen entgegenzuwirken, möchten wir Ihnen in diesem Artikel aufzeigen, was steuerlich tatsächlich möglich ist und welche Besonderheiten es dabei gibt.

 

Doch beginnen wir ganz vorne:
Um steuerlich überhaupt etwas geltend machen zu können, umgangssprachlich „etwas absetzen zu können“, muss zuerst einmal Steuer entstehen. In Deutschland haben wir den so genannten Grundfreibetrag, der jedem unbeschränkt Steuerpflichtigen von Gesetzes wegen zusteht. Im Jahr 2017 beträgt dieser 8.820,00 EUR, im Jahr 2018 9.000,00 EUR, – er ist jährlich steigend. Generell gilt, dass Steuer erst entstehen kann, wenn das Bruttojahreseinkommen über diesem Grundfreibetrag liegt – für einen Studenten also gar nicht so einfach. Erst ab diesem Betrag können abzugsfähige Kosten steuerlich geltend gemacht werden, was so viel bedeutet, wie Kosten gegen die Einkünfte zu rechnen. Mindern die Kosten das zu versteuernde Einkommen über dem Grundfreibetrag, errechnet sich die Steuererstattung wie folgt:

geltend gemachte Kosten * persönlicher Steuersatz in %

Die Erstattung beläuft sich somit auf die gezahlte Steuer bzw. auf den persönlichen Steuersatz (je höher das Einkommen, desto höher der Steuersatz) und nicht auf die gesamten entstandenen Kosten.

Wird von einem Arbeitgeber, trotz eines geringeren Verdiensts, Lohnsteuer an das Finanzamt abgeführt, bekommt man die bezahlte Steuer durch die Einkommensteuererklärung zurück, ohne zusätzliche Kosten angeben zu müssen. Dies passiert bei Studenten häufig im Rahmen von Ferienjobs oder bei Anstellungen als Werkstudenten.

 

Praxis-Tipp:
Wenn Sie einen Ferienjob oder Werkstudentenjob haben/hatten, schauen Sie in der Lohnsteuerjahresbescheinigung, ob die Zeile 3 „Bruttoarbeitslohn“ unter dem Grundfreibetrag (siehe oben) liegt und ob in Zeile 4 „Lohnsteuer“ mehr als 0,- EUR steht. Wenn beides mit „Ja“ zu beantworten ist, bekommen Sie über die Einkommensteuererklärung die Summe der Beträge in Zeile 4-6 vom Finanzamt erstattet, ohne zusätzlich Kosten angeben zu müssen.

 

Doch wie kann man nun die Kosten für das Studium absetzen?

Was für einen Selbstständigen die Betriebsausgaben sind, sind für Angestellte die so genannten Werbungskosten. Sinn und Zweck des Ganzen ist die Absetzbarkeit von Aufwendungen zu ermöglichen, die getragen werden, um daraus Einkünfte zu erzielen. Bei einem Selbstständigen ist das z.B. der Einkauf von Ware, die später verkauft wird. Bei einem Angestellten sind es beispielsweise die Fahrtkosten, um zur Arbeit zu gelangen oder auch die Aufwendungen, die getragen werden, um überhaupt arbeitsfähig zu werden – sprich eine Ausbildung, eine Fortbildung oder ein Studium.

Kurzfassung:
Kosten die ich trage, um später daraus Einkünfte zu erzielen, können meistens steuerlich berücksichtigt werden.

 

Hierbei ist allerdings einiges zu beachten. Vor allem gibt es eine Unterscheidung zwischen Erstausbildung und Zweitausbildung:

Eine Erstausbildung ist die erste abgeschlossene Berufsausbildung, die länger als 12 Monate dauert und eine Abschlussprüfung beinhaltet – z.B. der Bachelor. Bei einer Erstausbildung sind die Kosten als Sonderausgaben und nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen. Der Unterschied liegt darin, dass Sonderausgaben nur in dem Jahr, in dem die Kosten entstanden sind, berücksichtigt werden können. Um die Aufwendungen eines Bachelorstudiums steuerlich nutzen zu können, muss somit im Jahr der Kostenentstehung das Bruttojahreseinkommen über dem Grundfreibetrag liegen. In allen anderen Fällen sind die Kosten für den Bachelor steuerlich nicht nutzbar.

Beispiel 1:
Ein Bachelorstudent verdient 600,- EUR monatlich als Werkstudent. Das ergibt ein Bruttojahreseinkommen von 7.200,00 EUR, was unter dem Grundfreibetrag liegt. Somit können keine Kosten die für das Studium entstehen, steuerlich genutzt werden.

 

Beispiel 2:
Ein Bachelorstudent verdient 1.000,- EUR monatlich als Werkstudent. Das ergibt ein Bruttojahreseinkommen von 12.000,00 EUR, was über dem Grundfreibetrag liegt. Somit können Aufwendungen für Versicherungen, für den Werkstudentenjob (z.B. Fahrtkosten) und die Kosten für das Studium berücksichtigt werden.

 

Eine Zweitausbildung hingegen ist entweder eine Ausbildung, die an die erste Ausbildung angehängt wird – z.B. ein Master oder ein Meister – oder eine völlig neue Ausbildung, die nach einer bereits abgeschlossenen Ausbildung gemacht wird – z.B. ein Studium nach einer Lehre.
Hier wird es jetzt interessant: Die Kosten einer Zweitausbildung zählen zu den Werbungskosten. Der Unterschied und Vorteil ist, dass Werbungskosten als Verluste vorgetragen werden können. Dazu muss natürlich zunächst ein Verlust entstehen, was oftmals nur dann möglich ist, wenn man seine Zweitausbildung ohne Neben-, Ferien- oder Werkstudentenjob finanzieren kann. Ist das der Fall, können sämtliche Kosten, die für die Zweitausbildung entstehen, als Verlust in ein folgendes Jahr vorgetragen werden und hier dann gegen die Einkünfte verrechnet und somit Steuern gespart werden.

Beispiel 3:
Ein Masterstudent verdient 700,- EUR monatlich als Werkstudent. Daraus ergibt sich ein Bruttojahreseinkommen von 8.400,00 EUR. Für das Masterstudium fallen Kosten für Bücher, Studiengebühren, Fahrtkosten, Kopien, Büromaterial, etc. an. Sagen wir insgesamt 8.000,00 EUR pro Jahr. Durch die Gegenrechnung des Einkommens zu den Werbungskosten entsteht ein zu versteuerndes Einkommen von 400,00 EUR.

Hier kann nichts steuerlich geltend gemacht werden: Zum einen liegt das Jahresbruttoeinkommen schon unter dem Grundfreibetrag, zum anderen entsteht hier kein Verlust.
Ist das Jahresbruttoeinkommen über dem Grundfreibetrag, siehe Beispiel 2 bei der Erstausbildung.

 

Beispiel 4 & Top-Modell:
Ein Masterstudent verdient nichts, er finanziert sich zum Beispiel aus Ersparnissen. Daraus ergibt sich ein Bruttojahreseinkommen von 0,00 EUR. Für das Masterstudium fallen Kosten für Bücher, Studiengebühren, Fahrtkosten, Kopien, Büromaterial, etc. an. Sagen wir Insgesamt 8.000,00 EUR pro Jahr.

Da keine Einnahmen vorhanden sind, entsteht ein Verlust von 8.000,00 EUR pro Jahr. Dieser Verlust wird vorgetragen auf das nächste Jahr.
Beginnt man in diesem Jahr eine Tätigkeit als Angestellter zu Beginn des Jahres und hat einen Verdienst von beispielsweise ca. 50.000 EUR Bruttojahresgehalt (dabei ergibt sich ein Grenzsteuersatz von ca. 35%), so kann man den im Vorjahr generierten Verlust von 8.000,- EUR steuerlich geltend machen und ca. 35% von 8.000,- EUR – ca. 2.800,00 EUR – Steuer sparen.

 

Vor allem für Studenten an privaten Universitäten/Hochschulen mit hohen Studiengebühren kann dieses Modell sehr rentabel gestaltet werden.

Wie Sie sehen, ist es nicht so einfach, wie es oft in Werbeanzeigen angepriesen wird, sein Studium steuerlich geltend zu machen. Es gibt jedoch bei richtiger und frühzeitiger Gestaltung oftmals einige Potenziale, die lukrativ ausgeschöpft werden können.
Um die vorhandenen Möglichkeiten nutzen zu können, empfiehlt es sich, frühzeitig einen steuerlichen Berater zu kontaktieren, um mit ihm gemeinsam die optimale Strategie für Sie zu erstellen.

 

Gerne können Sie uns kontaktieren.

Debatin Steuerberatungsgesellschaft mbH

www.stb-debatin.de

 

Stand: 14.11.2017